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Schnitz|Stand|Ort Oberelsbach

Holzmasken und Fastnachtsbrauch

GESCHICHTE

An Fastnacht oder – wie der Rhöner sagt – an „Foasenoacht“ wird ein letztes Mal vor der Fastenzeit über die Stränge geschlagen. Verkleidungen und geschnitzte Masken gehören seit alters her dazu. Damit gilt die Rhön als nördlichstes Vorkommen des Maskenbrauchs. Die regionale Faschingshochburg bildet der Markt Oberelsbach mit seinen Ortsteilen: In traditionellen, von Ort zu Ort wechselnden Kostümen feiern hier die „Fosenöchter“ Straßenfastnacht.

In Oberelsbach entstanden zur Mitte des 19. Jahrhunderts auch die ältesten, heute noch erhaltenen Rhöner Holzmasken. Damals rumorte es in Bayern. Immer wieder protestierte die Bevölkerung gegen hohe Steuern – und Oberelsbach galt als „Hauptherd der Bewegung“. Versteckten sich womöglich anfangs unzufriedene Staatsbürger hinter hölzernen Larven? Denkbar wäre das durchaus! In der Folge verloren die Masken allerdings ihre politische Bedeutung und wurden Brauchobjekte der örtlichen Fastnacht. Die meisten der älteren Masken scheinen von geübten Laien hergestellt, doch finden sich auch solche, die den professionellen Schnitzer verraten, wovon es in Oberelsbach und seinen Ortsteilen noch heute viele gibt. Zu den ersten bekannten Maskenschnitzern zählen ein Schmied, ein Frisör und auch Holz- und Steinbildhauer. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts widmen sich der Kunst des Maskenschnitzens teilweise auch Absolventen der Bischofsheimer Schnitzschule.

Große Stückzahlen produzierten die Maskenschnitzer zu keiner Zeit, waren die Masken doch in Familienbesitz und wurden immer weitervererbt. So blieb deren Herstellung stets nur ein kleiner Nebenverdienst, und doch wird bei örtlichen Schnitzbetrieben bis heute ab und an eine Maske bestellt. Als sich in den 1960er Jahren die Fastnachtsbräuche veränderten, wurden traditionelle Masken seltener getragen und manchmal verkauft. Heute gibt es Bemühungen, die alten Formen wieder nachzuschnitzen und die Rhöner Maskenfastnacht für nachfolgende Generationen zu erhalten.

JOSEF SITZMANNS FASTNACHTSMASKEN

Als Sohn des Oberelsbacher Grobschmieds kam Josef Sitzmann 1870 zur Welt, ohne die Statur eines Schmiedes geerbt zu haben: Wegen seines eher schmächtigen Körperbaus wurde er Barbier. Doch sein Gewerbe ernährte ihn nur schlecht und bald schon lebte er nahezu mittellos in einem Gemeindehaus.

Um seinen kargen Lebensunterhalt aufzubessern, schnitt er nicht nur Bärte und Haare, er strich auch Grabkreuze auf dem Friedhof und schnitzte – als erster namentlich nachweisbar! – Fastnachtsmasken. Damit begonnen hatte er wahrscheinlich Mitte der 1880er Jahre, damals vermutlich unter Anleitung ausgebildeter Holzschnitzer. Josef Sitzmnann galt als wunderliches „Original“, über das im Dorf merkwürdige Geschichten im Umlauf waren. Im Jahr 1915 sahen sich die Behörden schließlich veranlasst, den „Cils Boader“, wie er auch genannt wurde, in die Nervenheilanstalt Werneck einzuweisen. Er starb 1943, ohne jemals wieder in die Rhön zurückgekehrt zu sein.

Den Masken, die Josef Sitzmann bis etwa 1914 angefertigt hat, zollten die Träger höchstes Lob: Sie waren besonders schön und bequem. Dabei schnitzte Sitzmann lediglich zwei Standarttypen, nämlich ein bärtige Männergesicht, mit Spitzbart, Schnauzbart oder beidem, und ein feines Frauengesicht, mit vollen Lippen und Mittelscheitel. Nicht zuletzt die Farbfassungen der Masken beeindrucken noch heute durch ihre hohe Qualität.

OBERELSBACHER MASKENTYPEN

Tatsächlich sind die schön gefassten bärtigen Männer- und die ebenmäßigen Frauenmasken, wie Josef Sitzmann sie schnitzte, typisch für die Fastnacht in Oberelsbach. Getragen wird die bärtige Maske hier von den „Strohmännern“, die ihre weiten blauen Hosen und Kittel dick mit Stroh auspolstern. Auch „Spanmänner“, deren Gewänder dicht mit gelockten Holzspänen benäht sind, und „Hexen“ tragen in Oberelsbach Holzmasken.

Im benachbarten Weisbach entwickelte sich eine völlig andere Tradition. Hier treiben die „blauen Jöuden“ zusammen mit der „Heeplgoaß“ an Fastnacht ihr Unwesen. Wahrscheinlich entstammen die Masken der Aufführung eines biblischen Theaterstückes um das Jahr 1880 herum. Auch eine „Aarons“- und eine „Moses“-Maske dürften hier ihren Ursprung haben. Zu den Masken werden blaue Kittel, weiße Hosen und Hüte mit grünem Buchs getragen. Daneben tummeln sich auf der Weisbacher Fastnacht der „Debudel“ – eine Männermaske mit Haaren aus Flachs oder Wolle –, der „Hanswurst“ mit gerolltem Backenbart und dunklem Gesicht und das „Schlapp-„ oder „Wackelmaul“ mit beweglichem Unterkiefer – eine Erfindung des Weisbacher Schnitzers Edwin Eyring.

Auch in den anderen Oberelsbacher Ortsteilen gab und gibt es eine lebendige Maskenfastnacht, die stark von Oberelsbach und Weisbach beeinflusst ist. Örtliche Eigenheiten gibt es dennoch: So tragen die „Bartmänner“ aus Ginolfs statt Schlappmützen spitze, bunt beklebte Papphüte und die „Fosenöchter“ in Unterelsbach tragen sogar Masken mit Vollbart.

Bildnachweise: Foto Maskenherstellung: Dr. Astrid Hedrich-Scherpf, Foto Ginolfser Maskenträger: Elke Böhm, restliche Fotos: GrafikDesign Schikora

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