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Schnitz|Stand|Ort Bischofsheim

Holzbildhauerschule und Bildschnitzkunst

GESCHICHTE

„...eine sich immer weiter verbreitende und tiefere Wurzeln fassende Hausindustrie zu begründen“, war das erklärte Ziel der Industrieschule für Holzschnitzerei, die 1853 in Poppenhausen eingerichtet wurde. Jahrzehntelang hatte der Polytechnische Zentralverein in Würzburg die Not der Rhöner beobachtet und mit der Schnitzschule schließlich eine Möglichkeit gefunden, einen neuen Erwerbszweig zu erschließen. Betriebswirtschaftliche Erwägungen veranlassten den Verein schon 1862 zur Verlegung der Schule in die verkehrsgünstigere Stadt Bischofsheim.

Von Beginn an sollte die Schule versuchen, ihre Betriebskosten zum Teil durch den Verkauf im Unterricht hergestellter Arbeiten selbst zu decken. Bis zu 30 Schüler produzierten daher „feinere“ figürliche Schnitzereien, die der polytechnische Verein in seinem Würzburger „Rhöndepot“ anbot. Später übernahmen der Schulleiter oder eigens beauftragte Geschäftsführer den Absatz der meist einfachen Spielsachen und billigen „Bädersouvenirs“. Die Schule glich so zeitweise einem subventionierten Privatunternehmen, das sowohl die Ausbildung der Schnitzschüler vernachlässigte als auch allen mittlerweile selbstständigen Absolventen Konkurrenz machte.

Eine Verschiebung der Unterrichtsinhalte weg von Massenprodukten und hin zu künstlerischen Arbeiten sollte schon ab 1868 dieses Problem lösen. Tatsächlich errangen Bischofsheimer Erzeugnisse in den folgenden 30 Jahren Auszeichnungen auf überregionalen Gewerbeausstellungen, doch erst die Jahrhundertwende leitete einen Wandel in der Schulgeschichte ein: 1902 erkannte die Regierung die Schnitzschule als „Lehrwerkstätte“ an und drängte in der Folge auf deutliche Veränderungen im Lehrplan. Es sollte zeitgemäßes Kunstgewerbe nach modernen Entwürfen geschnitzt und Material- sowie Stilkunde, Zeichnen und Entwerfen gelehrt werden. Der erste an einer Kunstschule ausgebildete Schulleiter forderte 1919 schließlich: Die Rhön müsse „eine Spezialart der Schnitzerei hervorbringen“ Bis zur Umsetzung solcher Forderungen vergingen jedoch Jahrzehnte.

PHILIPP MENDLERS NEUANFANG

Die Inflation und der Zweite Weltkrieg hatten der Schnitzschule schwer geschadet. Mehrfach drohte die Schließung, und 1972 musste der Lehrbetrieb dann auch tatsächlich eingestellt werden. Erst als mit dem Landkreis Rhön-Grabfeld ein neuer Träger und mit Philipp Mendler ein neuer Schulleiter gefunden war, konnte ein wirklicher Neubeginn versucht werden.

Der 1936 in München geborene Philipp Mendler war selbst Absolvent der Bischofsheimer Schnitzschule. Er hatte seine künstlerische Ausbildung an der Nürnberger Kunstakademie fortgesetzt, war dort Meisterschüler von Hans Wimmer geworden und wurde später Stipendiat an der Villa Massimo in Rom. Mit ihm zog 1973 auch eine neue Schülergeneration in die Holzschnitzschule ein: Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt besuchten bereits 40 angehende Holzbildhauer und Holzbildhauerinnen die Schule. Aus ganz Deutschland trugen sie den gesellschaftlichen Wandel der `68er Bewegung auch in die Rhön.

Es war nicht zuletzt Philipp Mendlers visionäre Neuausrichtung, die den enormen Andrang auslöste. Er war davon überzeugt, dass nur eigenständiges Schaffen die Schüler vor der maschinellen Konkurrenz bewahren könne. Heimarbeiter sollten nun endgültig nicht mehr ausgebildet werden. Stattdessen wollte Mendler handwerkliche und kreative Grundlagen für ein weitergehendes Studium – etwa an einer Kunstakademie – legen. Die Anerkennung der Schnitzschule als Staatliche Berufsfachschule für Holzbildhauer 1981 festigte diese Zielsetzung. Mendlers Ansätze bestimmen die Ausbildung bis heute.

BISCHOFSHEIMER ABSOLVENTEN

Im Einklang mit den Zielsetzungen der Schnitzschule machten sich die ersten Absolventen als Heimarbeiter im Umfeld des Kreuzbergs selbstständig und produzierten im Auftrag von Verlegern meist Spielzeug und Reiseandenken. Hilarius Katzenberger stieg dabei in Sandberg sogar zum Leiter eines größeren Schnitzbetriebs auf, den der Kissinger Händler Friedrich Meinel 1877 gegründet hatte.

Eine Bestandsaufnahme vom Beginn des 20. Jahrhunderts beschreibt vier mögliche Berufswege der Schulabgänger: Wenn sie sich nicht als Heimarbeiter selbstständig machten, so suchten sie entweder Arbeit als Ornamentschnitzer in Möbelfabriken oder ergriffen ganz andere Berufe, etwa in der Landwirtschaft. Nur Wenige fanden den Weg zur Kunstgewerbeschule.

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts stieg jedoch die Zahl namhafter Künstler aus der Bischofsheimer Holzbildhauerschule: Valentin Kraus aus Mühlhausen schrieb sich noch 1897 an der Münchener Kunstakademie ein und wurde dort später Professor. August Bolz studierte an der Akademie in Frankfurt am Main, bevor er 1937 als erster akademisch ausgebildeter Bildhauer die Leitung der Bischofsheimer Schnitzschule übernahm. Heute arbeiten im Umkreis des Kreuzbergs eine ganze Reihe renommierter Holzbildhauer.

Bildnachweise: Foto Skulptur Holzskulpturen-Weg: GrafikDesign Schikora, hist. Foto Schüler: privat, Foto altes Schulgebäude: Druckerei Schonder, Foto Schülerarbeiten: Fachschule für Holzbildhauer

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